Dieser Artikel wurde bereits im Jahr 2019 veröffentlicht.
Der Abschnitt von Vayetze beginnt damit, dass Jacob wegläuft. Er kommt zu einem Brunnen, auf dem ein großer, schwerer Stein liegt, wo drei Hirten auf weitere Hirten warten um ihn wegzubewegen; wie auch immer, Jacob geht voran und bewegt den Stein ganz alleine.
„Was ist das Geheimnis dieses Brunnens, den Jacob findet?“
Weil wir wissen, dass alles in der Torah großartige Geheimnisse in sich trägt, um welches Geheimnis handelt es sich bei dem Brunnen, den Jacob findet? Wie Nachmanides, der Ramban, aufzeigt, muss es sehr wichtiges Licht und Verständnis innerhalb dieser Geschichten geben; es kann nicht nur eine Geschichte sein darüber Brunnen zu finden und sie abzudecken. Und um das wirklich zu verstehen, müssen wir zum vorherigen Abschnitt gehen, Toldot, wo es eine Diskussion über Brunnen gibt, die Abraham gegraben und Isaac wieder neu aufgegraben hat.
In Toldot gab es eine Diskussion darüber, dass Isaac begonnen hat dieselben Brunnen zu graben, die Abraham gegraben hat, aber dass die anderen Einwohner des Landes sie wieder bedeckt haben. Und es heisst, dass die Diener von Isaac gegraben und eine Quelle mit lebendigem Wasser gefunden haben. Als sie diese Quelle des lebendigen Wassers freigegeben haben, entstand ein Streit zwischen den Hirten, bei dem jeder von ihnen behauptete, dass sie das Wasser dieser Quelle besitzen würden. Es gab einen zweiten Brunnen, den sie gegraben haben, und wieder gab es Streit. Sie zogen von dort weg und gruben einen dritten Brunnen; schlussendlich gab es mit diesem Brunnen keine Auseinandersetzung.
„Diese Realität existiert auch in jedem einzelnen von uns.“
Der Ramban ist sehr eindeutig, wenn es um den Nutzen und Zweck dieser Verse geht und sagt uns, dass es in dieser ganzen Diskussion – sowohl im vorherigen Abschnitt von Toldot, in Bezug auf die Brunnen, die Abraham und Isaac gegraben haben, als auch in diesem Abschnitt von Vayetze, in Bezug auf den Brunnen von Jacob – geht es nicht darum was in der Vergangenheit passiert ist, sondern es geht um unsere Zeit.
Wenn es in der Torah um eine Quelle des lebendigen Wassers geht, bezieht sie sich nicht auf das physische Wasser oder dem Finden von physischen Quellen, sondern auf den Ruheplatz des Lichts des Schöpfers. Daher benützt die Torah spezifisch den Begriff, „eine Quelle des lebendigen Wassers,“ denn es bezeichnet die Ruhestätte des Lichts des Schöpfers, welches gebaut werden wird. Im Ersten und im Zweiten Tempel gab es einen Ort, wo das Licht ruhte, und jeder, der es brauchte, jeder, der ein Problem hatte, konnte sofort zum Tempel gehen und die Quelle des lebendigen Lichts herunterbringen, das dort anwesend war.
Der Ramban geht weiter und erklärt, warum es drei Brunnen waren. Die ersten zwei Tempel, die ersten zwei Ruheplätze des Lichts des Schöpfers, die von den Nachkommen von Abraham und Isaac gebaut wurden, wurden zerstört. Das Geheimnis des dritten Brunnens, der den Dritten Tempel repräsentiert, ist die Zeit und der Ort, wo die Ganzheit des Lichts des Schöpfers offenbart und niemals beseitigt werden wird. Abraham und Isaac repräsentieren den Ersten und den Zweiten Tempel, die großes Licht hatten als sie existierten, wurden aber zerstört. Der Dritte Tempel, das Geheimnis des Brunnens von Jacob, ist der, der niemals zerstört werden wird. Es ist der Ort, von dem das Licht des Gemar HaTikun kommen wird, dem Licht, das den ganzen Schmerz, Leid und Tod von dieser Welt beseitigen wird.
Wenn die Torah über die Brunnen spricht, spricht sie über die Öffnung des Kanals des Lichts; das ist das Geheimnis. Abraham und Isaac haben Kanäle geöffnet, die schlussendlich wieder geschlossen worden sind, aber im Falle von Jacob, der Brunnen über den in Vayetze gesprochen wird, ist eine Verbindung zum Fluß des Lichts vom Gemar HaTikun, dem Ende der Korrektur. Also, wenn wir über den Brunnen von Jacob in Vayetze lesen, erwecken und verbinden wir uns in Wirklichkeit mit dem Licht des Dritten Tempels, das offenbart und für immer anhalten wird.
Die Kabbalisten erklären, dass Abraham, Isaac und Jacob es als den Zweck ihre Lebens betrachtet haben, diese existierenden aber unzugägnglichen Kanäle des Lichts aufzudecken. Abraham hat es getan, aber dann kam Negativität und hat dieses Licht und die Weisheit versteckt. Isaac kam und hat sie wieder aufgedeckt, aber sie wurden wieder verdeckt bis Jacob sie in Vayetze geöffnet hat. Und es ist wichtig zu verstehen, dass diese Realität auch in jedem einzelnen von uns existiert; es ist nicht nur die Arbeit von Abraham, Isaac und Jacob. Denn was ist wirklich unsere Arbeit? Es ist zu jemandem zu gehen, der sich in den Fängen der physischen Welt befindet und ihm oder ihr zu zeigen, dass sie eine Verbindung zu diesem lebendigen Wasser öffnen können.
Es ist ein wichtiges Bewusstsein, dass uns gegeben wird. Wir können beginnen unser Leben so zu betrachten wie Abraham, Isaac und Jacob ihres betrachtet haben – diese Wege zu erwecken, dieses lebendige Wasser, welches das Licht des Schöpfers ist. So haben sie es gesehen; wenn Abraham zum Beispiel mit jemandem gesprochen hat, war es nicht so, dass er versuchte Weisheit mitzuteilen oder ein Verständnis zu übergeben. Sondern sein einfaches Bewusstsein war, „Meine Arbeit hier ist diese Person wieder an den Fluß des Lichts des Schöpfers anzuhängen,“ nichts weiter. Wir lernen davon, dass wenn jemand Unterstützung braucht, wir ihnen nicht eine neue Weisheit oder ein neues Verständnis geben müssen. Stattdessen, wenn wir mit ihnen sprechen, sollten wir denken, „Ich muss nichts Neues für sie tun; ich muss sie nur zu diesem Fluß des Lichts erwecken, dieser Quelle des lebendigen Wassers, welches das Licht des Schöpfers ist.“ Es ist ein schönes und wichtiges Verständnis, das wir von Vayetze lernen: der Zweck unserer Interaktionen mit Leuten ist einfach sie wieder an den Fluß des lebendigen Wassers zu hängen.