Im Abschnitt von Ekev heißt es, dass der Schöpfer ein vertrauenswerter Inhaber unseres Lichts ist. Aber was bedeutet das? Was ist das Geheimnis, das Verständnis und das Bewusstsein dieser Worte? Um diese Frage zu beantworten, bringen die Kabbalisten eine Geschichte aus dem Midrash über den Schwiegervater von Rabbi Shimon bar Yochai, ein großartiger Weiser namens Rabbi Pinchas, dem Sohn von Yair, der in einer Stadt im Süden von Israel lebte.
Die Geschichte beginnt damit, dass eine Gruppe von Händlern in die Stadt von Rabbi Pinchas ben Yair kommt um Geschäfte zu machen. Sie hatten einen bestimmten Betrag an Gerste und weil sie weiterreisten um Geschäfte zu machen, fragten sie Rabbi Pinchas ben Yair die Samen aufzubewahren. Wie auch immer, die Händler beendeten ihre Geschäfte und gingen nach Hause und vergaßen die Gerstensamen.
Also hat Rabbi Pinchas ben Yair den Samen für sie jede Jahr gepflanzt, und was wuchs, hat er gespeichert. Jedes Jahr nahm er das, was im vorigen Jahr gewachsen ist, und hat es wieder gepflanzt, was ihm dann einen größeren Betrag einbrachte. Er hat es geerntet und hat größere Speicher dafür gebaut. Nach sieben Jahren kamen die Händler wieder zu Rabbi Pinchas ben Yair und sagten zu ihm, dass sie die Gerste wieder zurückhaben wollten. Er zeigte ihnen die Speicher voller Gerste und sagte ihnen, dass das alles ihnen gehöre. Der kleine Betrag an Gerste, den sie ihm vor sieben Jahren zur Aufbewahrung gegeben haben, ist zu dieser großen Menge geworden.
Die Kabbalisten lehren uns mit dieser Geschichte, dass es einen Weg gibt, bei dem alles, was wir tun, jede Menge an Licht, die wir enthüllen, sich zehnfach, hundertfach oder tausendfach erweitern kann. Wie? Wie kann unser Licht mehr Licht schaffen? Beim Erzählen der Geschichte benützen die Kabbalisten eine ganz bestimmte Aussage. Sie sagen, dass die Händler „ihre Gerste vergaßen“; das lehrt uns, dass der einzige Weg, um das Licht, das wir enthüllen zu einer endlosen Schöpfung von mehr Licht zu machen, ist, zu vergessen, was wir getan haben. Wir müssen vergessen, was wir erreicht haben.
Die meisten von uns vergessen die schlechten Sachen, die wir getan haben, aber nicht die Guten. Unser Ego stellt sicher, dass wir uns an den guten Sachen festhalten – ich habe das für diese Person getan, ich habe jene großartige spirituelle Aktion geleistet, etc. Wir sehen das, wenn wir uns über jemanden ärgern, und wir sagen zu uns selbst – bewusst oder unbewusst – „Wer bin ich, mit allem, was ich je getan habe, wie kann er mir das antun?! Wie kann diese Person mich so behandeln?“ Wir führen sehr genaue Buchhaltung über all das Licht, das wir enthüllt haben und all das Gute, das wir getan haben; wir halten uns daran an und vergessen es nicht. Aber der Schöpfer lehrt uns an Shabbat Ekev, dass, wenn wir uns an das anhalten, was wir getan und enthüllt haben, wird es keine Früchte tragen. Es wird nicht wachsen oder sich vermehren.
Also, das ist ein Verständnis: jeder Aspekt, jeder Funke an Licht, den wir enthüllen, kann und soll sich exponentiell vermehren, aber nur, wenn wir ihn loslassen. Nur, wenn wir darauf vergessen. Das ist eine Ebene es zu verstehen. Jetzt ist es wichtig, das spirituelle Konzept dahinter zu verstehen.
Rav Ashlag lehrt, dass jegliches Licht, dass in irgendeiner Welt von irgendeiner Person enthüllt wird, von der endlosen Welt kommt, was bedeutet, dass wenn wir es zum Beispiel genießen Wasser zu trinken, dieser Genuß kommt vom Funken des Lichts im Wasser. Und dieser Funke Licht, mit dem wir uns verbinden, kommt von der endlosen Welt. Das bedeutet, dass jeder Funke Licht, mit dem wir uns verbinden – jedes Gefühl von Freude, Erfüllung und Glück – fließt von der endlosen Welt in die Erfahrung, die wir genau in diesem Moment machen. Das ist die erste spirituelle Regel: jegliches Licht, das wir bekommen, hat seine Quelle in der endlosen Welt.
Die zweite spirituelle Regel, die Rav Ashlag lehrt, ist, dass es kein Verschwinden von Licht oder spirituellen Angelegenheiten gibt. Was bedeutet das? Sagen wir der Diskussion zuliebe, dass es eine Million Stufen gibt zwischen der Welt in der wir existieren und der endlosen Welt (obwohl es mehr gibt). Wenn eine Person einen winzigen Tropfen Licht erhält oder enthüllt, dieser Tropfen ist den ganzen Weg von der endlosen Welt gekommen, und ging durch eine Million Welten um in diese Welt zu kommen. Und dieser Lichtfunke hinterläßt dieselbe Menge an Licht in jeder Welt, durch die es geflossen ist. Es verläßt und fließt, aber es verschwindet nie von der Stufe, von der es kam.
Also, wenn wir verstehen, dass jeder Tropfen Licht, den wir jemals enthüllt haben, in Wirklichkeit eine Million Tropfen Licht enthüllt hat, dann beginnen wir das Konzept unserer Taten und unserer Verbindungen, die Früchte tragen und sich exponentiell zu vermehren, zu verstehen. Wie wir wissen gibt es direktes Licht und wiederkehrendes Licht. Das Licht ist niemals ruhig; es kommt immer in diese Welt und geht wieder zurück zu den oberen Welten. Wenn wir, wie wir es gerade besprochen haben, unsere Taten freilassen, dann werden wir immer mehr Licht in dieser Welt erhalten, genau wie in der Geschichte von Rabbi Pinchas ben Yair. Deswegen, wenn unser Ego sich nicht an jede Aktion, die wir getan habe festhält, schafft das einen unglaublich große Menge an Licht.
Es ist sehr wichtig, dass wir verstehen, dass es so etwas wie wie eine kleine Tat nicht gibt. Wenn eine Person den Zohar heute öffnet und ein Wort liest, und läßt diese Aktion los, dann wird es in einer Woche zehn oder zwanzigmal mehr Licht geben als das Licht, das urpsrünglich beim Öffnen des Zohars enthüllt worden ist. Und stell‘ dir vor, in einem Monat, in einem Jahr, wird die kleinste Aktion einen unglaublichen Speicher an Licht erschaffen haben.
Es ist wichtig dieses Konzept zu verstehen: wenn wir unsere Aktionen loslassen, kann unser Licht Früchte tragen, und wir können eine endlose Menge an Licht schaffen. Wir wissen, dass Bewusstsein alles ist, und je größer die Wahrnehmung dieser spirituellen Regel, desto größer wird die Auswirkung sein, und deswegen wird das Licht, das wir schaffen können, exponentiell größer sein. Es ist ein enormes Geschenk des Bewusstseins, dass wir an Shabbat Ekev erhalten können.