Die Szene: Silvesterabend.
Der Plan: Ein ruhiger Abend zu Hause mit der Familie. Die Stimmung: eine Mischung aus Magie, Vorfreude und - in meinem Fall dieses Jahr - ein Hauch von Chaos.
Unser Haus war erfüllt von Feiertagsfreude und der Geborgenheit der Familie, doch dann begann die Heizung zu streiken - ein großes Problem bei eisigen Temperaturen. Zwei Techniker waren in den letzten Tagen bereits da gewesen, aber keiner hatte die Ursache des Problems gefunden. Am Silvesterabend fiel die Heizung dann komplett aus. Nach zahlreichen Telefonaten fanden wir endlich einen dritten Techniker, der sofort vorbeikommen konnte - und tatsächlich, dieses Mal hatte es geklappt.
Doch der Techniker machte eine weitere Entdeckung. Unser Schokolabrador Miles folgte ihm in den Heizungsraum. Der Techniker hörte Kaugeräusche und sah pinkfarbene Krümel in Miles‘ Maul und auf dem Boden vor ihm. Es dauerte nicht lange, bis wir - voller Entsetzen - realisierten, dass seine neue „Leckerei“ Rattengift war. Es folgte eine Notfallfahrt zum Tierarzt, wo wir zusätzlich erfuhren, dass Miles auch eines von Abigails Chanukka-Spielzeugen verschluckt hatte (weil, natürlich, warum nicht?). Nach lebensrettenden Maßnahmen wurde Miles erfolgreich behandelt und durfte nach Hause, um sich zu erholen.
Jetzt denkst du sicher: Das war’s, oder? Mein Freund, das war es nicht. Man sagt ja, solche Dinge kommen immer in Dreiergruppen - und so begann mein Ältester Sohn David plötzlich, sich unwohl zu fühlen. Es wurde schnell klar, dass er sich mit dem Norovirus infiziert hatte. Er wurde heftig krank, und ich verbrachte die nächsten Stunden damit, zwischen David und dem Hund hin- und herzulaufen.
Gegen 20 Uhr hatten Michael und ich es schließlich geschafft, etwas zu essen zuzubereiten, und waren bereit, unser Familienessen zu genießen - auch wenn David nicht dabei sein konnte. Ich setzte mich völlig erschöpft an den Tisch, drehte mich zu Michael und sagte müde: „Vielleicht sollten wir einfach schlafen gehen und nächstes Jahr aufwachen.“
Genau das hatte ich eigentlich vor. Aber, wie das Schicksal es wollte, hielt der Abend noch eine letzte Überraschung für mich bereit. Abigail erschien zum Abendessen - herausgeputzt in einem glitzernden Kleid und voller Feierlaune. Ich selbst trug noch Jeans und einen Pullover. Doch als ich ihre Mühe und Begeisterung sah, raffte ich mich auf, schleppte mich nach oben und zog mich um.
Kurz darauf verkündete ich, dass es Zeit wäre, ins Bett zu gehen. Enttäuschung überzog sofort Abigails 11-jähriges Gesicht. Sie hatte sich so sehr darauf gefreut, lange aufzubleiben, zum ersten Mal die Silvesterkugel im Fernsehen fallen zu sehen und mit uns ins neue Jahr zu feiern. Sie erinnerte mich auch daran, dass ich letztes Jahr auf einer Hochzeit gewesen war und sie sich umso mehr darauf gefreut hatte, diesen Silvesterabend mit mir zu verbringen.
Ich hielt inne. Ich kann gar nicht genug betonen, wie sehr ich mir einfach nur gewünscht hatte, schlafen zu gehen. Aber ich hatte eine Wahl - und das Einzige, was zwischen mir und diesem besonderen Moment stand, war mein eigenes Bedürfnis nach Ruhe. Also entschied ich mich, umzudenken und mich darauf einzulassen.
Und so saß ich kurz darauf - vollkommen erschöpft - vor der Silvesterübertragung, während Abigail sich eng an mich kuschelte. Gemeinsam begrüßten wir das Jahr 2025 voller Freude. Am nächsten Morgen wachten alle erholt auf - sogar David und Miles.
Die Kabbalisten lehren, dass Dankbarkeit den Weg für Segen ebnet. Wenn wir das wertschätzen, was wir haben - selbst in stressigen Momenten, bei unerfüllten Erwartungen oder geplatzten Plänen - transformieren wir nicht nur uns selbst, sondern unser ganzes Leben. Unsere Heizung fiel aus, und es war bitterkalt - eine Erinnerung daran, welch ein Segen Wärme ist. Unser neugieriger Miles machte eine ziemlich schlechte Entscheidung, was uns Stress und Tierarztkosten bescherte - doch wie dankbar sind wir, ihn mit seiner wilden, bedingungslosen Liebe in unserem Leben zu haben. Norovirus ist einfach nur schlimm. Aber ich habe selten die Gelegenheit, mich um meinen erwachsenen Sohn zu kümmern. Und obwohl ich nichts sehnlicher wollte als Schlaf, bleibt mir das Bild von Abigail in ihrem funkelnden Kleid, wie sie zum ersten Mal den Jahreswechsel miterlebt, als Moment für die Ewigkeit. Wenn wir Chaos in Dankbarkeit verwandeln, beginnt sich unser Leben - ganz buchstäblich - zu verändern. Genau das ist mir an diesem Silvesterabend passiert.
Chaos löscht Dankbarkeit nicht aus. Es kann uns vielmehr dabei helfen, mehr Raum für sie zu schaffen - wenn wir uns bewusst dafür entscheiden. In den Momenten, in denen wir uns über unsere eigenen Grenzen hinwegstrecken, in denen wir trotz Erschöpfung präsent bleiben, finden wir oft die größten Geschenke.
Und als die Uhr Mitternacht schlug, spürte ich es - nicht nur den Beginn eines neuen Jahres, sondern auch die unverkennbare Präsenz von Dankbarkeit, die mich umhüllte wie die Wärme, nach der wir noch Stunden zuvor so verzweifelt gesucht hatten. Auf das Finden von Glitzer in unseren chaotischsten Nächten. Manchmal entdeckt man ihn genau dort, wo man ihn am wenigsten erwartet.